UNIVERSITÄT TRIER
Zur homogen-globalen Konsumkultur
Wenn es um Geld geht, ticken Menschen rund um den Globus ähnlich
Wirtschaftswissenschaftler der Universität Trier legen eine für die Finanzberatung erkenntnisreiche Studie vor.
Geldanleger kann man in Schubladen stecken: da gibt es die an Finanzen Interessierten, die Sparer, die Vorsichtigen, die Intuitiven oder die Konsumfreudigen. Finanzberatern kann dieses „Schubladen-Denken“ dazu dienen, ihre Kunden richtig einzuschätzen und ihnen die auf den jeweiligen Typus zugeschnittenen Produkte anzubieten. Bislang ging man davon aus, dass diese Kategorien für die Bevölkerung westlicher und hoch entwickelter Staaten gelten. Bei einem Vergleich der Einstellungen zu Geld von Anlegern in der Schweiz und Vietnam haben Prof. Dr. Marc Oliver Rieger und Thuy Chung Phan von der Universität Trier zusammen mit Prof. Dr. Mei Wang (WHU Vallendar) herausgefunden, dass die Merkmale in beiden Ländern gleichermaßen zutreffen – trotz der enormen kulturellen und wirtschaftlichen Unterschiede. Für die Finanzbranche hätte das zur Folge, dass sie ihre Empfehlungsmuster und Produkte für „westliche“ Kunden auch in globalem Stil anwenden kann.
„Die Ergebnisse unserer Arbeit können Finanzberater darin unterstützen, länderübergreifende Marketingstrategien zu entwickeln, die spezifische finanzielle Bedürfnisse jeder Anlegergruppe berücksichtigen und ihnen damit effizienteren Service anzubieten“, fasst Professor Rieger praxisbezogene Ergebnisse der Studie zusammen. Ein Finanzprodukt für einen intuitiv veranlagten Menschen in der Schweiz sollte auch auf einen instinktiv handelnden Investor in Vietnam passen.
Bezogen auf die Schweiz hatten die Autoren Brigitte Fünfgeld und Mei Wang in einer vorhergehenden Studie fünf Kategorien für die Einstellung zu Geld herausgearbeitet. Auf der Basis dieser Typologie lassen sich der Bedarf der Kunden und maßgeschneiderte Produkte weitaus treffsicherer ermitteln als durch soziodemografische Unterscheidungen wie Alter, Geschlecht oder Einkommen.
Marc Oliver Rieger und Thuy Chung Phan übertrugen das von Fünfgeld/Wang für die Schweiz entwickelte Muster auf mehr als 3.000 in Vietnam befragte Investoren. Dort zeigten sich zwar andere prozentuale Verteilungen der jeweiligen Anleger-Typen. Den Finanzmarktforschern der Universität Trier ging es jedoch primär um die Erkenntnis, ob die Typologie auf beide Länder gleichermaßen zutrifft.
„Wenn die Faktoren in so unterschiedlichen Ländern wie der Schweiz und Vietnam greifen, dann liegt die Vermutung nahe, dass sie auf eine Vielzahl von weiteren Ländern anwendbar sind. Die Ergebnisse lassen auch den Schluss zu, dass bereits eine homogene globale Konsumkultur besteht oder im Entstehen begriffen ist“, sagt Thuy Chung Phan.
Nach Wissen der beiden Trierer Ökonomen ist dies die erste interkulturelle Studie, in der finanzbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen als Variablen für die Unterscheidung von Kundengruppen verwendet werden. Weitere interkulturell angelegte Studien könnten die Zuverlässigkeit der getroffenen Aussagen untermauern.
Das Paper zur Studie von Thuy Chung Phan, Marc Oliver Rieger und Mei Wang wird im International Journal of Bank Marketing veröffentlicht.
Quelle: Pressestelle Uni Trier – 11. April 2018
Foto: © Sheila Dolman / Pressestelle Uni Trier