Noch gibt der Simeonstiftplatz nur eine Vorahnung von Karl Marx - Foto: © Trierer Umschau

KARL MARX - GROSSSKULPTUR

Karl Marx auf dem Simeonstiftplatz wird doch höher

UPDATE: der Text hat mit dem heutigen Tag (2. April 2018 // 0:01 seine Gültigkeit verloren). – Trotzdem brisant, bis der Marx an Ort und Stelle steht!

Was dem einen sein Viez, ist dem anderen sein Marx. Zumindest solange in Trier die Marxe aus allen Ritzen und Spalten, in allen Schaufenstern und in naher Zukunft noch in den Höhen über unseren Köpfen Präsenz zeigen.

Die vom Bundesnachrichtendienst (BND) in Auftrag gegeben und inzwischen übersetzte und ausgewerteten 3.000 Seiten des 19. Parteitages der Kommunistischen Partei Chinas (中国共产党全国代表大会) hatten – auf Grund von berechtigten Zweifeln – zu einer zweiten Übersetzer-Vorlage geführt. War doch bisher davon ausgegangen, dass die Karl-Marx-Figur des chinesischen Künstlers Wu Weishan in der reduzierten Größe von 5,50 Metern auf dem Simeonstiftplatz aufgestellt wird.

Schreibfehler lässt Marx-Figur wachsen

Doch die dem BND und in Folge auch der Verwaltung der Stadt Trier noch am 29. März 2018 zugesandte Information lässt keine Zweifel. Das vermeintliche Geschenk wurde (a) aufs ausführlichste auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas besprochen und (b) zur Chefsache erklärt. Was bedeutet, dass der inzwischen für eine unbegrenzte Amtszeit nominierte Staatspräsident der Volksrepublik China, Xi Jinping, die Regie über und zu der Platzierung wie auch des Sockel-Geschenkes inne hat.

Da von Trier aus die Verantwortung für die Realisation der Figur wie auch des Sockels an den Schenkenden übertragen wurde, schien zumindest von administrative Seite alles in Ordnung. Ebenso schien die Sockel-Fixierung (die von Trierer Seite übernommen ist) den Vereinbarungen zu entsprechen. Man hatte zwar Bedenken hinsichtlich der Übernahme der Sockel-Herstellung und Lieferung von Seiten Chinas. Doch als dies bestätigt wurde, schien alles sich so zu realisieren, wie von Trierer wie chinesischer Seite geplant war.

Doch irgendwie soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Denn was scheinbar 5,50 Meter ergeben soll: die 3,85 Meter messende Figur und der 1,65 Meter messende Sockel scheint in der Korrespondenz mit einem Schreibfehler belastet zu sein:

8,53 Meter Marx mit Sockel

Für die Volksrepublik China – und die nun vollständig übersetzen Papiere des Parteitages belegen dies – sei Karl Marx  eine Überzeugungssache. Das Geschenk an die Geburtsstadt dieser weltweit geschätzten und verehrten Persönlichkeit würde geradezu eine Überproportionierung verlangen.

Größe bedeutet Harmonie

In einem von der Trierer Umschau realisierten Telefongespräch mit einem China-Kenner in Frankfurt verwies dieser auf die Zahlenfolge und Zahlensumme: „Zuvor war die Gesamtgröße unharmonisch“, hieß es von dessen Seite. „Denn die Addition von der Zahlenfolge der Höhenangaben 385 und 165 ergäbe 16 und 12 bzw. 7 und 3 und damit 10 bzw. 1+0 = 1. Dagegen spricht die Tradition, dass etwas Großes mit symbolträchtigen Zahlen wie der 7 verbunden sein solle: 853 cm addiert ergibt 16 und damit 1+6 = 7.“ Und: Sieben sei in China eine sog. „harmomische Zahl“.

Wie nun die Trierer Stadtverwaltung mit dieser BND-Information umgehen mag, dürfte frühestens am Dienstag beantwortet werden.

Doch am Dienstag wird auch die Sockelvorbereitung fortgesetzt. Immerhin ist die Marx-Figur des Künstlers bereits seit dem 6. März 2018 in Trier. Und die Vorbereitungen für eine feierliche Inthronisation sind in vollem Gange. Selbst die Bemühungen, den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron nach Trier zu laden, scheinen erfolgversprechend.

Es empfiehlt sich wohl oder übel, den Schreibfehler weiterhin zu akzeptieren und die Figur mit Sockel in ihrer zukünftigen Größe und Bedeutung mit der Konsequenz 3,85 Meter = 8,53 Meter abzunicken. Politik bedeutet auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.

Quelle: Pressepool „Taube & Adler“ Berlin – 1. April 2018
Text: Christoph Maisenbacher
Foto: Trierer Umschau