FRAUEN - PARAGRAPH 218
Die Wut der Frauen ist gerechtfertigt! – Nachtrag zur Demo anlässlich des Safe Abortion Day in Trier
Frauen, Frauenrechte, Frauenunterdrückung, Antifeminismus, Frauenversklavung, Femizide. – Der aktuelle Schlagwortkatalog gehört nicht der Vergangenheit an, er ist Gegenwart!
Je „kriegerischer“ unsere Zeit zu werden scheint, desto mehr wird das Thema Frau in einen erzkonservativen Rahmen gedrängt. Für die Trierer Umschau ist der Sachverhalt, dass in Deutschland alle 4 Minuten eine Frau Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner erleben muss, ein Schock (vgl. unseren Beitrag: https://www.trierer-umschau.de/2024-11-11b/), der uns motiviert, Stellung für ALLE FRAUEN zu beziehen.
Die abrupt beendete Legislaturperiode der Ampel-Regierung hat ein Thema zwar noch kurz vor Schluss aufgerufen gehabt, aber aus „Zeitmangel“ dann doch verschoben: die Reform des Paragraphen 218.
Aus diesem Grund waren wir vor acht Tagen, am 27. September 2025, bei der Trierer Abend-Demo mit Start an der Porta Nigra dabei. Das Motto – anlässlich des am nächsten Tag folgenden „Safe Abortion Day“ – lautete: „Für sichere Schwangerschaftsabbrüche – jetzt erst recht!“
75 % der Deutschen sind für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bis zur 12. Woche! (vgl. unseren Beitrag: https://www.trierer-umschau.de/2024-11-30b/)
Doch die Ohren werden anscheinend immer tauber, die Menschen immer höriger.
Und irgendwie juckt es wenige, wenn Putin Prämien für Schwangerschaften selbst von Schülerinnen ausruft oder Trump per se eine bereits im Dezember 2024 von seinem Verteidigungsminister übernommene Aussage wiederholt: „Ich sage ganz offen, dass wir keine Frauen in Kampffunktionen haben sollten. Es hat uns nicht effektiver gemacht. Es hat uns nicht tödlicher gemacht. Es hat das Kämpfen komplizierter gemacht.“ Und – ganz im Sinne von Putins Prämien – hinzufügt, dass „Lebensspenderinnen“ keine „Lebensräuberinnen“ sein sollen (vgl. dazu: https://www.fr.de/politik/us-militaer-ohne-frauen-trump-minister-stoesst-auf-kritik-zr-93452399.html).
Dass der Auftakt der Demonstration an der Porta Nigra von einer sehr lauten musikalischen Live-Präsenz in der angrenzenden Gastronomie begleitet wurde (ohne Unterbrechung), motiviert uns, hier den vollständigen Redetext vom 27. September 2025 zu übernehmen. Danke für die Zusendung an Pippi von der Feministischen Vernetzung Trier:
„Rede – Wir bleiben wütend
Wir sind wütend. Seit mehr als 150 Jahren sind Abtreibungen in Deutschland verboten. Seit über 150 Jahren gibt es Frauen, die trotzdem abtreiben, und Frauen, die Widerstand leisten. Menschen auf den Straßen, teils kostümiert mit Blutflecken am Unterleib – ein Kampf, der von Frauen, egal welcher Klasse, über die Ländergrenzen hinaus geführt wurde. Und was hat es gebracht? Wir haben 2025, und in Trier kann man noch immer nicht abtreiben.
Auch im Hinblick auf die Politik sind wir wütend. In unserer aktuellen Regierung gibt es genügend Stimmen, die Frauen auf ihre Gebärfähigkeit reduzieren und ihren Wert nur daran messen. Man denke nur an Markus Söder, der kürzlich einen Mangel an Wirtschaftskraft mit „einer Dame ohne Unterleib“ gleichgesetzt hat. Zumindest zeigt er hier sein wahres Gesicht – ebenso wie diejenigen, die seine Aussage verteidigen oder sich nicht dazu äußern. 80 % der Bürger*innen sind für eine Entkriminalisierung von Abtreibungen – unser Bundeskanzler und unsere Regierung ignorieren und leugnen dies vollständig und sprechen stattdessen von einer Debatte, die wie keine andere polarisiere.
Männer in Politik und auf Social Media meinen, sie könnten über die Körper gebärfähiger Menschen entscheiden und wüssten, was das Beste für sie ist bzw. wie schlimm eine Abtreibung wäre. Was wir wollen, zählt nicht.
Wir sind wütend. Während der neue Gesetzentwurf gescheitert ist, freuen sich Rechte, Nazis und Fundis.
Auch bei uns hier, im Eifelkreis Bitburg-Prüm, sitzt ein selbsternannter rechtsextremer Dating-Coach, der meinte, man könne Abtreibungen [ … über ein lokales Verbot von Abtreibungen im Kreistag entschieden werden könne ?/ der Kreistag ein lokales Verbot von Abtreibungen durchsetzen könne? … ]. Dass sowas auf dieser Ebene gar nicht entschieden werden kann, wusste er wohl nicht. Klingt absurd und lächerlich, bleibt aber nicht weniger gefährlich. Gegen Abtreibung zu sein bedeutet nicht nur, dass eine Frau ein Kind austragen muss, sondern es wird vielmehr eine antifeministische Strategie gefahren, die die Kontrolle über Frauen sichern soll. Frauen sollen klein gehalten werden und zu Hause bleiben. Das Bild der traditionellen Kleinfamilie wird propagiert. Frauen, die ihre zugewiesene Mutterrolle nicht annehmen, sind eine Bedrohung für die herrschende Ordnung, denn schließlich verlieren sie ihre Abhängigkeit von Männern und staatlichen Leistungen. Kaum vorstellbar: Frauen, die einfach selbst über ihr eigenes Leben bestimmen! Das wird aber auch jetzt schon nicht hingenommen: Frauen mit Sterilisierungswunsch bekommen diesen meist nicht erfüllt. Ihnen wird die Fähigkeit, selbstbestimmt entscheiden zu können, abgesprochen und stattdessen darauf verwiesen, dass sie selbst oder ihr Partner (den sie vielleicht noch gar nicht haben) später einen Kinderwunsch haben könnten.
Doch aufgepasst! Nicht jede Frau soll bitte viele oder überhaupt Kinder bekommen. Rechte, Nazis und Fundis regen sich nämlich erstaunlich oft über migrantische Großfamilien auf. Auch wenn Frauen mit Behinderung schwanger werden wollen, wird das von ihnen nicht so gern gesehen. Was für eine heuchlerische Doppelmoral! Auch hier zeigt sich wieder: Es geht nicht um die Moral oder die „Schwächeren“. Hier zeigt sich Kontrolle in Form einer rassistischen und ableistischen Kontinuität.
Wir sind wütend. Denn Antifeminismus ist ein System, das Rechte, Nazis und Fundis in seine Arme schließt und strömungsübergreifend eine gemeinsame Plattform bietet. Sie treffen sich zu „Märschen für das Leben“, um gegen Abtreibungen zu protestieren, und treten dabei die Selbstbestimmung von Frauen mit Füßen.
Was machen wir, wenn ihr Schritt für Schritt weiter drängt, einschränkt, Besitz ergreift von etwas,
was niemals euch gehört – von einem Körper, der so selbstbestimmt ist, wie es ein Mensch eben
ist? Was machen wir, wenn ihr euren Kopf nicht aus dem Sand kriegt – von Macht, männlichem
Besitzdenken und politisch gezielter Unterdrückung als Teil einer antifeministischen Agenda? Was
machen wir angesichts der aktuellen Gesetzes- und Versorgungslage und des Erstarkens von
rechten und fundamentalistischen Kräften?
Wir sind wütend, und wir werden auch wütend bleiben. Wütend waren die Frauen vor 100 Jahren auch schon! Unsere Wut hat Tradition und Kontinuität! Wir werden erst aufhören, wütend zu sein, wenn Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr stigmatisiert und stattdessen endlich entkriminalisiert werden!
Diese Wut ist feministisch, diese Wut ist antifaschistisch – und wenn ihr eins heute mitnehmen könnt, dann, dass diese Wut auch verdammt nochmal angebracht ist!“
Vortext / Kommentar: Christph Maisenbacher – 5. Oktober 2025
Quelle (vollständig zitierter Text): Feministischen Vernetzung Trier – Danke an Pippi
Link-Zitate: alle Zitate, die wir übernehmen sind im Text mit einem Link versehen
Social-Media-Teaser: ChatGPT
Foto: © Plakate und Banner der Demonstrierenden & Trierer Umschau
Dieser Text in LEICHTER SPRACHE ist veröffentlicht unter: https://www.trierer-umschau.de/2025-10-05-ab/
