Wollen wir bei Gatstronomie-Einkäufen den Plastikmüll fördern? – Wo bleibt die Mehrwegpflicht-Kontrolle bei Fastfood?
Das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz – VerpackG) und konkret der Paragraph 33 Mehrwegalternative für Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebecher sprechen klare Worte: Diejenigen, die Lebensmittel oder Getränke in Verpackungen anbieten, dürfen diese nicht nur in Einweg-Verpackungen und -Bechern anbieten, sondern müssen adäquat Mehrwegverpackungen und -becher ihren Kunden zur Auswahl geben.
Soviel zum Gesetz – doch was ist mit der Realität?
Unsere Leser wurden zu diesem Thema bereits über unseren Artikel unter „McDonald’s Deutschland gibt Unterlassungserklärung ab – wegen Verstößen gegen die Mehrwegangebotsflicht“ informiert. (vgl. https://www.trierer-umschau.de/2024-10-26c/ )
Tests zeigen: hier wird Mehrweg beworben aber nicht gegeben
Die Tests der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sprechen für sich selbst: in Gastronomieketten wie Burger King, Kentucky Fried Chicken, Nordsee oder Vapiano scheint es für alles Einweg zu geben. Aber Mehrweg nicht für alle Angebote verfügbar zu sein. Und gerade Gastronomieketten könnten hier im eigenen Sinne Vorbildfunktion übernehmen.
Nun müssen sich einige Filialen überlegen, ob sie wie McDonald’s sich mit Unterlassungserklärungen dazu verpflichten, die Verstöße abzustellen oder ob diese sich in Folge mit einer Klage auseinandersetzen müssen.
Bei einer internen Kurzumfrage konnten wir feststellen, dass nicht das Angebot und die Informationspflicht der „Letztvertreiber“ (so heißt es im Gesetz) das Problem ist, sondern die Rücknahmepflicht. Was beim Einweg heißt „vom Verkauf in den Mülleimer“, heißt beim Mehrweg nämlich Reinigung, Selektion (ist die Verpackung oder der Becher nochmals nutzbar?) und Reintegration. Das bedeutet auch: Mehrkosten, die so einfach beim Einweg entfallen… Der Müll wird abtransportiert (um es einfach zu formulieren), der Mehrweg kommt zurück. Doch am Ende heißt es wohl und unvermeidlich: der Müll wird unser Wohlergehen negativ beeinflussen, langsam und in ganz kleinen Schritten bzw. Kunststoffkügelchen!
Und beim Verbraucher: auch hier ist eine Umstellung notwendig. Verpackungen lassen sich natürlich einfach und schnell in den Mülleiner werfen und fertig.
Müll ist die schnelle Lösung – Mehrweg die vernünftige
Ja, Plastik wird recycelt. Doch dazu muss es entsprechend entsorgt werden. In dem gelben Sack / der gelben Tonne landet nur der Plastikmüll, der entsprechend weggeworfen wird. Doch kein Veranstalter wird am Ende eines Fußballspiels die Mülleimer sortieren. Kein Stadtbetrieb den aufgesammelten Müll trennen.
Wird der Plastikmüll zu einhundert Prozent recycelt oder verbrannt?
Um die Frage zu beantworten, zitieren wir gerne den WWF (World Wide Fund for Nature) Deutschland: jedes Jahr gelangen „4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Meere“ (vgl. https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/plastikmuell-im-meer )
Die vollständige Pressemeldung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zum Thema Einweg / Mehrweg in der deutschen Großgastronomie wollen wir ihnen hier abdrucken:
Mehrwegangebotspflicht nach zwei Jahren gescheitert: Deutsche Umwelthilfe deckt neue Verstöße großer Gastronomieketten auf
• Neue DUH-Tests bei Burger King, Kentucky Fried Chicken, Nordsee und Vapiano belegen weiterhin Verstöße und mangelhafte Umsetzung des Mehrwegangebots – DUH kündigt rechtliche Schritte an
• Großgastronomie verhindert Mehrweg: Über zwei Jahre und 180 Tests hinweg wurde kein einziges Mal aktiv Mehrweg angeboten
• DUH fordert bundesweite Einweg-Abgabe und Ausweitung der Mehrwegpflicht auch auf Einweg-Essensboxen aus Pappe und Aluminium
Zwei Jahre nach Einführung der Mehrwegangebotspflicht belegen neue Tests der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass große Gastronomieketten weiter rechtswidrig Mehrweg boykottieren. In 7 von 15 besuchten Filialen von Burger King, Kentucky Fried Chicken, Nordsee und Vapiano wurden Verstöße festgestellt und rechtliche Schritte eingeleitet. Falls die Unternehmen sich nicht durch Unterlassungserklärungen dazu verpflichten, die festgestellten Verstöße abzustellen und in Zukunft auszuschließen, wird die DUH bei den zuständigen Landgerichten Klagen einreichen. Obwohl ein Mehrwegangebot auf Schildern oder Bildschirmen beworben wurde, erhielten die Testpersonen nicht für alle gewünschten Getränke oder Speisen ein Mehrwegbehältnis. Besonders negativ sticht die Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken hervor: In keiner der getesteten Filialen wurde ein vollständiges Mehrwegangebot erbracht.
Die DUH sieht die Mehrwegangebotspflicht daher als gescheitert an und fordert von der nächsten Bundesregierung schnellstmögliche Nachbesserungen. Dazu gehören insbesondere finanzielle Anreize für Betriebe sowie Verbraucherinnen und Verbraucher, Mehrweg zu nutzen, etwa durch eine bundesweite Abgabe auf Einweg-Takeaway-Verpackungen.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Unsere neuen Testbesuche zeigen, dass Gastronomiebetriebe die Mehrwegangebotspflicht auch nach zwei Jahren nicht ernstnehmen. Ausreden wie Mehrweg sei aus oder könne nur bei Online-Bestellungen ausgegeben werden, hindern Verbraucherinnen und Verbraucher, umweltfreundliche Mehrwegverpackungen zu nutzen. Es braucht dringend einen finanziellen Anreiz zur Mehrwegnutzung sowohl auf Seiten der Gastronomiebetriebe wie auch auf Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Tübingen und seit wenigen Tagen auch Konstanz zeigen über kommunale Verpackungssteuern, dass dies der richtige Weg für weniger Einwegmüll ist. Wir fordern die nächste Bundesregierung auf, mit einer bundesweiten Einweg-Abgabe nachzuziehen. Auch sollte sie schnellstmöglich ein Mehrwegangebot für Einwegboxen aus Papier vorschreiben, die bisher aus der Pflicht fallen, um beispielsweise Mehrweglösungen für Pizzakartons zu fördern.“
In den getesteten Filialen von Vapiano wurde zwar kein Verstoß gegen die Mehrwegangebotspflicht festgestellt, vorbildlich ist die Umsetzung dennoch bei weitem nicht: Die Kette nutzt ein individuelles Mehrwegsystem und bepfandet die Becher mit einem sehr hohen Betrag von 5,50 Euro, was Mehrweg unattraktiv macht. Die angebotenen Mehrwegboxen hingegen sind mit 50 Cent viel zu niedrig bepfandet, um einen ausreichenden Anreiz zur Rückgabe zu schaffen.
Elena Schägg, Stellvertretende DUH-Leiterin für Kreislaufwirtschaft: „Mehrweg ist nicht gleich Mehrweg. Die Gastronomie sollte es Verbraucherinnen und Verbrauchern über unternehmensübergreifende und einheitliche Mehrweg-Poolsysteme möglichst einfach machen, Mehrweg zu nutzen. Unsere Testpersonen wurden bei insgesamt 180 Testbesuchen in einem Zeitraum von zwei Jahren kein einziges Mal vom Verkaufspersonal aktiv auf das Mehrwegangebot aufmerksam gemacht. So bleibt Mehrweg den meisten Leuten unbekannt.“
Hintergrund:
Die DUH hat im Jahr 2024 insgesamt 43 Testbesuche bei acht Gastronomieketten durchgeführt, 20 Verstöße festgestellt und rechtliche Schritte eingeleitet. Unter anderem McDonald’s konnte so in den getesteten Filialen zu einem verbesserten Mehrwegangebot gezwungen werden. Bisher hat die DUH in den vergangenen zwei Jahren 13 Verfahren vor Gericht gewonnen, beispielsweise gegen BackWerk, Dunkin Donuts, Nordsee und Yormas. Weitere rechtliche Verfahren gegen sechs Unternehmen befinden sich noch in Verhandlung.
Links:
• Übersicht der im November 2024 durchgeführten Testbesuche: https://l.duh.de/p250102
• FAQ zur Mehrwegangebotspflicht: https://www.duh.de/the…en/becher/
Vortext: Christoph Maisenbacher
Quelle: Deutsche Umwelthilfe (DUH) – 2. Januar 2025
Foto: H. Bach – Pixabay