MENSCHENRECHTE / ASYL
Syrien : Deutschland – wer jetzt sagt, weil Assad weg ist, ist Syrien sicher, sollte seine Augen aufmachen
Nein, kein Fußballspiel steht für „Syrien : Deutschland“. Wenn man diese Gegenüberstellung positv deuten will, so darf man diese verbinden mit der Freude all der Menschen / Syrer*innen, die den Sturz des syrischen Herrschers Assad und dessen Flucht nach Moskau gefeiert haben. Gefeiert wurde in Syrien und in Deutschland, dass mit dem 8. Dezember 2024 eine Möglichkeit offenstehen kann, die am Ende Schwerter zu Pflugscharen werden lässt.
Schwerter zu Pflugscharen unter Wahrung der Menschenrechte
Was bedeutet Unterdrückung in jedem Land? Im Grunde jede Form von Einschränkung bzw. Diskriminierung. Dies kann sich auf die soziale Stellung, ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion, sexuelle Orientierung aber auch das Alter, eine Behinderung oder die Weltanschauung beziehen. Wenn ein Zusammenschluss von Menschen allerdings die Menschenrechte als oberstes Recht anerkennt, dann ist ein Zusammenlaben in Form einer gemeinsamen Zukunft möglich.
In Syrien sprechen noch die Waffen
Ob die Vernichtung der syrischen Waffen nach dem Sturz von Assad durch Israel ein juristisch zu rechtfertigender Akt dargestellt hat, darüber müssen die Vereinten Nationen streiten. Eine Kriegserklärung liegt wohl nicht vor. Dass auch immer noch in Syrien Waffen sprechen ist nicht zu übersehen. Wohl wird jetzt darum gebuhlt werden, welches Land in der Zusammenarbeit mit Syrien welche wirtschaftlichen Vorteile erwirken kann (also die Türkei, Europa oder die USA). Dieses diplomatische Lächeln sollte nicht verwechselt werden mit einem annähernd lebenswerten Zustand in Syrien.
Immer noch ein Land des Hungers
Die wirtschaftliche Situation, die landwirtschaftliche Produktion und die Wohnverhältnisse in einem vom Bürgerkrieg markierten Land sind prekär. Mitunter gibt es weder Strom, noch Wasser, Krankenhäuser, Schulen oder Wohnmöglichkeiten. – Die Welthungerhilfe, welche seit 2013 in Syrien aktiv ist, meldet 12,9 Millionen Menschen, die ohne Hilfe sich nicht ausreichend ernähren können. UNICEF Deutschland spricht von 7,5 Millionen Kindern, die humanitäre Hilfe benötigen. Sie werden mit Decken, Winterkleidung, medizinischer Hilfe und sauberem Wasser vor Ort begleitet.
Und die Rückkehr-Debatte?
Mit der Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die aktuell anstehenden syrischen Asylanträge zu pausieren brachte Unsicherheit und Unmenschlichkeit in den Raum. Unsicherheit begleitet all die Menschen, die geflohen sind und im Jetzt nicht wissen, was dort, in Syrien, sich entwickeln wird. Unmenschlichkeit verursacht von den Aufwieglern, die am liebsten gleich alle Syrer*innen des Landes verweisen würden. Gerade letztere sollten mit den in Deutschland lebenden und arbeitenden Syrern sprechen, warum sie aus ihrem Land geflohen sind.
Pro Asyl hat glücklicherweise schnell reagiert und an für die syrischen Geflüchteten und deren Berater’innen bereits vor fünf Tagen eine Information in Deutsch, Arabisch und Kurmanci (Nordkurdisch) verfasst. Denn so leicht ist eine Rückführung / Abschiebung nicht. Vor allem, wenn man in Deutschland Arbeit gefunden hat: https://www.proasyl.de/hintergrund/hinweise-fuer-syrische-gefluechetete-und-ihre-beraterinnen/
Wir freuen uns, dass auch das Deutsche Institut für Menschenrechte unmittelbar nach dem Assad-Sturz ein klares Presseinformation veröffentlicht hat:
„Migrationsdebatte Syrien
Innenpoltische Debatte verfehlt – jetzt schlägt die Stunde der Außenpolitik
Anlässlich der aktuellen Debatte um die Rückkehr Geflüchteter nach Syrien erklärt Nele Allenberg, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa des Deutschen Instituts für Menschenrechte:
„Menschen, die aus Syrien geflohen sind und hier als Flüchtlinge anerkannt wurden oder die aufgrund des Bürgerkriegs einen subsidiären Schutz erhalten haben, können zurzeit nicht nach Syrien zurückgeführt werden. Die Debatte direkt nach Bekanntwerden des Sturzes des syrischen Diktators Assad anzustoßen, zeugt nicht nur von Empathielosigkeit gegenüber den begeisterten und erleichterten Syrerinnen und Syrern, sie offenbart auch Unkenntnis über die rechtlichen Grundlagen.
Denn der Widerruf eines Flüchtlingsstatus oder einer Anerkennung als subsidiär geschützte Person setzt eine erhebliche, wesentliche und nicht nur vorübergehende Änderung der Situation im Herkunftsland voraus. Solange das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht einschätzen kann, ob Menschen nach ihrer Rückkehr in Syrien Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden droht, kann kein Widerruf erteilt werden.
Selbst wenn sich die Lage stabilisieren sollte, wäre nach einem Widerruf durch das BAMF ein weiterer Prüfungsschritt nötig: Dann muss die Ausländerbehörde prüfen, ob nicht in der Zwischenzeit weitere Gründe für einen Verbleib in Deutschland eingetreten sind. So können zum Beispiel familiäre Verbindungen, die Aufnahme eines Studiums oder einer Arbeit zu einem weiteren Aufenthalt in Deutschland berechtigen.
Wichtig ist jetzt, mit außenpolitischen Mitteln rechtsstaatliche und demokratische Kräfte in Syrien zu stärken, sodass Stabilität und Frieden einkehren können. Die Außenpolitik ist am Zug.“ „
Wir empfehlen folgenden Link zum Thema:
https://www.deutschlandfunk.de/syrien-deutschland-asyl-rueckkehr-abschiebungen-100.html
Vortext: Christoph Maisenbacher
Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte / ots – 17. Dezember 2024
Foto: Karl Forster – Pixabay